In Bilderstöckchen tut sich was. Vormals graue Fassaden strahlen hell und modern. Und das ist noch lange nicht alles: Mit dem Integrierten Quartierskonzept Bilderstöckchen begibt sich das gesamte Viertel auf neue Wege. Generationengerechtigkeit, Nachhaltigkeit und die Menschen aus Bilderstöckchen selbst stehen im Fokus. Was das Veedel heute ausmacht und wohin die neuen Wege führen – wir haben mit den Menschen vor Ort gesprochen.
Irgendwo zwischen Nippes und Ehrenfeld hat Köln-Bilderstöckchen sagenhafte 3.765 m2 Platz gefunden. Damit übertrifft es seine Stadtbezirkskapitale Nippes ebenso an Größe wie Ehrenfeld, Kalk oder Chorweiler.
16.000 Menschen nennen dieses Veedel ihr Zuhause, wobei Bilderstöckchen in mindestens drei unterschiedlichen Erscheinungsformen auftritt: als Wohn-Gewerbe-Gemisch südlich des Gürtels, als kompakt gewachsenes Wohnquartier nördlich davon oder als recht improvisiert wirkendes Gewerbegebiet Richtung Longerich. Mehrfamilienhäuser, Hinterhofquartiere oder Einfamilientraum mit Vorgarten? Bilderstöckchen hat sie alle.
Ähnlich bunt gemischt zeigen sich die Bilderstöckchen-Einwohnerinnen und -Einwohner: Das Veedel ist geprägt von kultureller Vielfalt, dem Zusammenleben vieler Generationen und dem sozialen Miteinander.
Das kann Dr. Brigitte Jantz nur bestätigen. Seit 2016 ist sie im Rahmen des städtischen Programms Lebenswerte Veedel Sozialraumkoordinatorin im Stadtteil. In dieser Zeit hat die promovierte Diplom-Biologin nicht nur die monströse Dieffenbachie in ihrem Büro im Netzwerk e.V. an der Longericher Straße, sondern auch diverse zukunftsweisende Initiativen im Stadtteil wachsen sehen.
Zu diesen gesamtgesellschaftlichen Initiativen zählt Jantz auch das Integrierte Quartierskonzept Bilderstöckchen, mit dem die GAG Immobilien AG gemeinsam mit der Stadt Köln und weiteren Akteur:innen die generationengerechte und nachhaltige Quartiersentwicklung in Bilderstöckchen vorantreibt.
Auch Jantz hat ganz wesentlich bei der Erarbeitung des Integrierten Quartierskonzepts mitgewirkt. Dabei wurde das gesamte Quartier in den Blick genommen, um auf Basis der Bedürfnisse vor Ort Bilderstöckchen noch lebenswerter zu machen. Das Quartierskonzept steht für nachhaltiges Wohnen, bei dem die Menschen im Fokus stehen.
Neben Maßnahmen zur Steigerung der Wohnqualität und Optimierung des Wohnumfeldes betrachtet das Konzept auch die Gestaltung des sozialen Miteinanders. „Die GAG ist mit diesem Engagement nicht allein“, stellt Jantz erfreut fest. „Da entsteht im besten Falle eine Dynamik, die den gesamten Stadtteil nach vorne bringt.“
Ein weiteres Highlight für Köln-Bilderstöckchen: der erste und bisher einzige KlimaPark Kölns, gelegen im Norden des „Dorfs“, wie die Einheimischen selbst diesen bürgerlich geprägten Abschnitt ihres Veedels nennen.
Auf dem Gelände, das ursprünglich für eine Straßentrasse vorgesehen war, pflanzten Anwohnerinnen und Anwohner, freiwillige Helferinnen und Helfer vom Automobilhersteller Ford sowie Azubis des Grünflächenamtes der Stadt Köln in drei Tagen 46 Obst- und Nussbäume, die für gute Luft und gesunde Ernten sorgen. Ein engagiertes Team aus Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern aus Bilderstöckchen und ganz Köln pflegt und entwickelt den KlimaPark seither stetig weiter!
Natur- und Klimaschutzsind noch relativ neu auf der lokalen Agenda. Schon deutlich länger haben sich die engagierten Menschen aus Bilderstöckchen auf soziale Themen spezialisiert. Das Veedel habe, sagt Jantz, eine „gewachsene Tradition, gemeinschaftliche Herausforderungen anzugehen und vorbildhaft zu lösen“. Bessergestellte und Benachteiligte leben hier seit Jahrzehnten Tür an Tür, das fördert das gegenseitige Verständnis.
Trotz solch sichtbarer Erfolge hängt Bilderstöckchen in weiten Teilen Kölns noch das Stigma eines sozial herausfordernden Stadtteilsan. „Das stammt noch aus den 1970er Jahren, als es hier vergleichsweise viel Kriminalität gab“, sagt Jantz. „Doch genau diese Umstände führten zu einem besonders hohen und erfolgreichen Engagement im Stadtteil, insbesondere der Bilderstöckchen Konferenz, einem der ältesten Stadtteilgremien Kölns, so dass die Kriminalität heute kein besonderes Thema mehr ist.”
Das herausragende Engagement vor Ort erhält nicht zuletzt durch das Integrierte Quartierskonzept Bilderstöckchen im Bereich Wohnqualität und Wohnumfeld neue Unterstützung. Bereits weithin sichtbar und neues Aushängeschild von Köln-Bilderstöckchen sind die neu gestrichenen Fassaden der bereits modernisierten Gebäude der GAG in der Straße Am Bilderstöckchen 60–70.
Weitere umfangreiche Sanierungen – auch an den Gebäuden auf der gegenüberliegenden Straßenseite – und ein Neubau folgen in naher Zukunft.
Pasquale Giuffrida betreut als zuständiger Hausmeister den Bestand Am Bilderstöckchen. Gerade kommt er von einer älteren Dame, die ohne Strom in ihrer Wohnung saß. „Ein kaputter Wasserkocher war schuld“, erzählt er. „Der hat dafür gesorgt, dass sich die Sicherung nicht mehr einschalten ließ.“
In diesem Fall tut es also einfach ein neues Gerät, doch generell wünschen sich immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner grundsätzliche Erneuerungen, vor allem seit die Sanierung gegenüber abgeschlossen ist: „So wollen wir das bei uns auch – wann geht es endlich los?“
Giuffrida hat für derlei Ungeduld Verständnis, er liebt und lebt seine Rolle als Vermittler zwischen der GAG als seinem Arbeitgeber und den Menschen vor Ort. „Man muss offen auf die Leute zugehen und wirklich offen sein“, sagt er. „Hier sagt eben keiner Herr und Sie zu dir, sondern Hausmeister und Bruder.“
Die Atmosphäre im Quartier Am Bilderstöckchen beschreibt Giuffrida als einzigartig. „Wer hier in Bilderstöckchen lebt und aufwächst, der hält zusammen. Die Leute passen aufeinander auf. Und abends tragen sie ihre Stühle nach draußen und quatschen miteinander.“
Manchmal setzt er sich auf ein Feierabend-Kölsch dazu, und auch die Kundenbetreuerin der GAG schaut gelegentlich vorbei. „Dieser persönliche Kontakt ist unheimlich wichtig, damit die Menschen Vertrauen fassen können.“
Das gilt auch für das eingezäunte Areal des GartenClubs Bilderstöckchen, den die GAG gemeinsam mit dem Querwaldein e.V. betreibt. Auch hier durften sich bereits mehrere Kindergenerationen austoben und wertvolle Erkenntnisse ausgraben, etwa: Woraus werden Pommes gemacht? Wie fühlt sich der Boden an, wenn man barfuß drüber läuft? Oder: Wie unterscheiden sich Him- von Brombeeren?
Für den Geschmack Peter Samonigs vom Querwaldein e.V. steht das Gras zurzeit ein bisschen hoch. Aber die nächste Gruppe Kinder kommt bestimmt und vielleicht hat ja eins Lust, den Rasen zu mähen? Oder doch lieber die Hochbeete zu bewässern? Nach den Kartoffeln zu sehen? Oder das Treiben der Wildbienen zu beobachten, wie sie ihre winzigen Behausungen basteln?
Leon und seine Schwester Laura, inzwischen beide erwachsen, waren Kinder der ersten Stunde im 2012 gegründeten GartenClub Bilderstöckchen. „Du warst immer ganz aufgedreht, wenn du von dort nach Hause kamst“, erzählt Mutter Beate. Leon erinnert sich besonders gerne an die gemeinsamen Spiele. „Aber irgendwann hatte ich dann um diese Zeit immer Fußballtraining.“
Dafür steht Lars, der kleine neunjährige Bruder, jetzt in den Startlöchern. Und Leon träumt vom eigenen Garten – „für die Kids, und um einen Pool reinzustellen“. Für Peter Samonig sind Gespräche wie dieses „einfach total wunderbar“. Sie zeigen, wie sehr die Clubs, von denen die GAG rund ein Dutzend betreibt, das Aufwachsen im Quartier positiv begleiten.
Aber nicht nur Groß-, auch Altwerden kann man in Bilderstöckchen. Fast wie in einem Dorf leben die Generationen überwiegend harmonisch zusammen. Nur wenige Schritte vom GartenClub entfernt, in dem die Kids Kartoffeln ernten, klönt eine Handvoll Seniorinnen und Senioren in der Sonne.
Sie alle leben hier in altersgerechten Appartements im Schiefersburger Weg 54 mitten im Veedel. Die Wege zu Arztpraxen und Supermärkten sind kurz, direkt im Haus unterhält das Rote Kreuz einen ambulanten Pflegedienst. „Die Menschen müssen ihr Veedel nicht unbedingt verlassen, um versorgt zu sein“, sagt GAG-Mitarbeiterin Henrike Elschen.
Damit erfüllt das Angebot schon jetzt die Ansprüche des neuen Quartierskonzeptes, älteren Menschen so lange wie möglich das Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Dass zu einer zeitgemäßen Betreuung auch regelmäßige Modernisierungsmaßnahmen gehören, wie sie jetzt wie überall im Quartier auch im Schiefersburger Weg durchgeführt werden, stößt dennoch nur bedingt auf Begeisterung: „Der Baulärm stört schon“, sagt eine Dame. „Aber das muss wohl sein.“
Entspannung finden sie und ihre Altersgenossen bei Spielenachmittagen, Feiern zu besonderen Anlässen und Kaffee und Kuchen im Oldietreff im Souterrain des Hauses. „Es ist wichtig, dass die Menschen im Alter nicht isoliert leben, sondern ein soziales Umfeld haben“, erklärt Henrike Elschen. „Diese Einrichtung ist also besonders wichtig für jene, die keine Angehörigen mehr haben.“
Darüber hinaus sucht die GAG unentwegt nach Möglichkeiten, den Lebensalltag älterer Menschen im Veedel zu verbessern – so etwa beim Seniorenspaziergang gemeinsam mit der Behindertenbeauftragten- und dem Fußverkehrsbeauftragten der Stadt Köln, Mitgliedern der Arbeitsgruppe Senioren im Netzwerk e.V. und dem Seniorensprecher im Stadtbezirk Nippes, Dr. Herbert Clasen.
Die Grundfrage dieser Rundgänge: Was kann man mit einfachen Mitteln verbessern? Diese Frage bildet einen Roten Faden – ganz generell in der Arbeit der GAG und im Quartierskonzept im Besonderen.