Die Sonne schiebt das Novembergrau ein wenig beiseite und Deutz liegt da wie eine Modellbahnlandschaft: die Koelnmesse und der Bahnhof zur Rechten, St. Heribert und die kompakten Häuserzüge des Veedels zur Linken, und mittendrin, auf der gegenüberliegenden Rheinseite zwar, aber zum Greifen nah: der Dom.
Isabella Baumann genießt das Privileg, bei dieser Aussicht arbeiten zu dürfen. Wenn sie nicht am Empfang im Parterre Dienst tut, sitzt sie an einem Schreibtisch im 16. Stock des Stadthauses. Seit fünf Jahren ist sie Angestellte der Verwaltung und fühlt sich „pudelwohl“, sagt sie: „Unten habe ich viel mit Menschen zu tun, oben diesen tollen Blick.“
Wenn der Kölner die Nase über die „Schäl Sick“ rümpft, vergisst er gern, wie abhängig das Links- vom Rechtrheinischen ist. Am Rathausplatz residieren die Oberbürgermeisterin und der Rat der Stadt. Die Arbeit aber wird am Willy-Brandt-Platz gemacht, hier setzen rund 3.000 Mitarbeiter die politischen Beschlüsse aus dem Linksrheinischen in gesamtstädtische Wirklichkeit um. Hier haben Abteilungen wie Bau-, Kataster- oder Verkehrsamt ihren Sitz. Ohne Deutz wäre Köln praktisch handlungsunfähig.
Deutz hingegen käme ohne Restköln vermutlich prima klar. Die knapp 16.000 Einwohner haben auf ihren gut fünf Quadratkilometern so ziemlich alles, was man zum Leben braucht: zum Atmen und Flanieren den Rheinpark und den Rheinboulevard, der nach spektakulären Anfangsschwierigkeiten mittlerweile seinen Zweck als urbaner Treffpunkt erfüllt; für Sport und Kultur eine der größten Veranstaltungshallen Europas, die Lanxess-Arena; gegen Fernweh einen ICE-Bahnhof und Autobahn-Anschlüsse in alle Richtungen; für die Ausbildung der Kinder alles von Kita bis (Fach-)Hochschule; im Krankheitsfall das Eduardus-Krankenhaus; mit der Deutzer Freiheit eine noch halbwegs intakte Einkaufsmeile; für den Durst das chronisch überlaufene Brauhaus „Lommi“ Lommerzheim, das prächtig vom legendären Ruf des verstorbenen Gründerehepaars lebt; und für den Hunger die Bäckermeister Hansen und Hütten, die es von ihren Deutzer Backstuben aus mit der Kettenkonkurrenz aufnehmen.