Liegt’s am faden Nullnull vom Vorabend? An den tiefhängenden Wolken? An der mauen Fanpost-Ausbeute im rotweißen Stallbriefkasten? Riehls bekanntester Einwohner ist bockig. „Das hat er manchmal“, sagt Tierpflegerin Barbara Breuer. „Aber sobald eine Kamera da ist, wirft er sich in Pose. Das ist echt unglaublich.“ Profi eben. Hennes, das Wappentier des 1. FC Köln, lebt hier im „Clemenshof“ des Kölner Zoos gemeinsam mit Lebensgefährtin Anneliese, Ziegenbockkollege Thor und einer Handvoll Zicklein, mit Kühen, Schweinen und Schafen, mit Hamstern, Hasen und Hühnern wie auf einem Bauernhof im Bergischen Land. Nur eben mitten in der Stadt. Zooschulkinder winken durchs Stallfenster, FC-Fans teilen Freud‘ und Leid, Gästefans sinnen auf Revanche oder Schadenfreude. „Wenn Derbys anstehen, kriegt Hennes Bewachung.“
Bekloppte Fußballwelt. Hier in Riehl ist sie meistens weit, weit weg. „Das sind zwei ganz unterschiedliche Sphären“, erklärt Barbara Breuer. „Zoo und Stadion haben nichts miteinander zu tun. Ich sag immer: Hennes geht arbeiten.“ Anneliese bleibt – ganz klassische Rollenverteilung – zuhaus’ im Heu. „Sie schreit, wenn er weg ist.“ Aber wenn nicht gerade Spieltag ist, ist ihr Hennes ja da. Sommers, wenn der Zoo vor Besuchern aus allen Nähten platzt, und Winters, wenn nur ein paar wenige Anwohner vorbeiflanieren. Viele Riehler haben ein Jahresticket. „Das ist ihr Park“, sagt Breuer.
Der Stadtteil hat eine lange Tradition als Amüsierviertel. Bis hinein in die 50er Jahre drehten die Bahnfahrer im Radstadion ihre Runden, Wasserratten frönten im gleichnamigen Schwimmbad ihrer „Rheinlust“. Im „Goldenen Eck“ rund um Zoo und Flora sorgten die Attraktionen des Amerikanischen Vergnügungs-, später Luna-Parks für Zerstreuung. Sichtbare Spuren hat das einstige Lotterleben im heutigen Erscheinungsbild des Ortsteils kaum hinterlassen, Riehl gilt unter den innerstädtischen Veedeln als besonders ruhig. Von den Stadtvillen im Rücken der Flora bis hinüber zur Rheinaue lässt es sich für Kölner Verhältnisse geradezu lustwandeln, so aufgeräumt, grün und gediegen ist es hier.