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Jetzt anmelden!In dieser Rubrik nehmen wir Sie mit auf Zeitreise und erkunden gemeinsam die GAG-Historie. Dieser Ausflug in die Vergangenheit führt uns nach Bickendorf zu unserer ersten Siedlung.
1914–1921
Leo Kaminski, Caspar Maria Grod und Wilhelm Riphahn
Erste GAG-Siedlung
Nur ein Reihenhaus im Holunderweg
Köln vor rund 100 Jahren: In der Industriemetropole ragten die Fabrikschornsteine in die Höhe und sorgten mit ihrem Rauch für schlechte Luft. Die Kölner Bevölkerung wuchs, das Wohnungsangebot nicht.
Die Innenstadt wurde zunehmend für das Dienstleistungsgewerbe genutzt, die Kölner aus der Innenstadt verdrängt. Wer sich trotzdem dorthin verirrte, der stand immer öfter im Dunkeln – schon wieder so eine Gasse, in die kaum ein Sonnenstrahl hineinfiel.
Die allgemeine Lebensqualität ließ zu Beginn des 20. Jahrhunderts stark zu wünschen übrig. Die Wohnungsnot verschlimmerte die Situation noch. Nicht umsonst etablierte sich der Begriff Wohnungselend. Zeit, etwas zu ändern. Eine neue Siedlungsvision musste her. Deshalb schrieben wir direkt nach unserer Gründung im Jahr 1913 einen Wettbewerb für das erste Großbauprojekt aus. Gesucht wurden die besten Architekten und Ideen für die Kleinwohnungssiedlung Bickendorf. Heute auch Bickendorf I genannt.
Die Architekten Caspar Maria Grod und Leo Kaminski gewannen den Wettbewerb mit einem Entwurf, der dem Motto „Lich, Luff un Bäumcher“ folgte. Auf Hochdeutsch: Licht, Luft und Bäume. In dem Wettbewerbsmotto kommt die städtebaulich tragende Idee der Gartenstadt deutlich zum Ausdruck. Die Gartenstadt ist ein Stadtentwicklungsmodell aus Großbritannien, das die schlechten Wohn- und Lebensverhältnisse in Großstädten verbessern sollte.
In Deutschland wurde die Idee aufgegriffen und verändert, die Gartenstädte wurden eher als Gartensiedlungen geplant. In Bickendorf sollte ein durchgrüntes, lichtdurchflutetes Wohngebiet entstehen, bei dem der Außenraum ebenso wichtig war wie die einzelnen Häuser.
Trotz des kölschen Mottos war der Entwurf von Kaminski und Grod nicht speziell auf die Kölner Verhältnisse abgestimmt. Vorbild für die Gesamtanlage der Siedlung und für die einzelnen Haustypen waren die Werkssiedlungen der Firma Krupp in Essen.
Der städtebauliche Aufbau der Siedlung Bickendorf I orientiert sich streng an Achsen: Ein dreieckiges Grundstück wird durch ein System horizontaler und vertikaler Achsen erschlossen. Durch kleine Plätze, Wechsel in der Bauflucht und Vorgärten erhält die Siedlung ein abwechslungsreiches Bild. Wettbewerbsentwurf und Ausführung stimmen in den wesentlichen Dingen überein. Änderungen wurden nur an Details vorgenommen.
Mit dem Bau der Siedlung wurde 1914 begonnen, gebaut werden sollten 575 Einfamilienhäuser. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam es dann zu einem Stillstand der Arbeiten. 1917/1918 waren ungefähr 80 Häuser fertiggestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Bau der Siedlung nicht unumstritten. Der Kleinwohnungsausschuss des Bundes der Architekten äußerte Bedenken gegen den weiteren Bau der Siedlung, da diese für sie unter anderem bisher nicht ländlich genug ausgerichtet war.
Trotz dieser Einwände und wohl auch gegen einen Teil des Stadtrates setzten wir die Bautätigkeit 1919 bis 1921 fort. Architekt dieses Abschnitts war nun der junge Kölner Architekt Wilhelm Riphahn. Riphahn war in das Büro von Caspar Maria Grod eingetreten und hatte so Zugang zu uns erhalten. Während des Kriegs war Grod Direktor der Condor-Werke geworden, wo er für die Flugzeugproduktion zuständig war, sodass Riphahn für den weiteren Bau der Siedlung alleine verantwortlich war.
Riphahn hielt sich im Wesentlichen an das von Grod vorgegebene Schema für die Häuser. Anstelle der von Grod geplanten Schule im Mittelpunkt der Siedlung sah Riphahn jetzt jedoch einen Spielplatz und weitere Wohnhäuser vor. Ein ursprünglich ebenfalls geplantes Konsumgebäude wurde von Riphahn zu Gunsten kleinerer Läden aufgegeben. Die einzelnen Haustypen wurden weiter standardisiert, sämtliche Häuser wurden zweigeschossig gebaut – mit Ausnahme der Häuser am Brunnenbogen. Das Wohngebiet nahm zum Ende der Bauphase eine Fläche von 11 Hektar ein.
Und auch dem Baumotto blieb Riphahn treu: Es entstanden Vor- und Kleingärten. Die kleinen Vorgärten erfreuten das Auge, dienten als Ziergärten. Die Kleingärten im hinteren Bereich nutzten die Bewohner zur Selbstversorgung: Sie legten Beete an, um Obst und Gemüse zu pflanzen. Aber nicht nur die Gärten sorgten für ein grünes Gefühl in der Siedlung: Im Jahr 1921 standen die insgesamt 544 erbauten Häuser an den 11 Straßen und Wegen, die bis heute noch die Namen von Pflanzen tragen.
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Jetzt anmelden!Als unsere erste Siedlung war Bickendorf I die neue Heimat für viele Kölner. Nach den Wettbewerbsbedingungen von 1912 sollten die Kleinwohnungen sowohl für Arbeiter und Unterbeamte als auch für sonstige Beamte, kaufmännische Angestellte oder andere Menschen mit geringem Einkommen gebaut werden.
Der Geograph und Historiker André Dumont untersuchte die Sozialstruktur der damaligen Siedlung für uns. Dafür analysierte er die Daten alter Adressbücher und fand heraus, dass in den 1920er Jahren in der Siedlung Kriegsversehrte, Arbeiter, Handwerker, einfache sowie mittlere Angestellte und Beamte lebten.
Bei der Vergabe der Häuser wurden letztlich Kriegsbeschädigte und kinderreiche Familien bevorzugt. Die ersten Bewohner kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Ecken von Köln. Später auch von außerhalb.
Und auch eine bekannte Person der Zeitgeschichte fand Dumont bei seiner Recherche: Hans Böckler, Gewerkschafter und erster Vorsitzender des 1949 gegründeten Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), wohnte im Akazienweg 125. Sein Name ist noch heute eng mit Köln verbunden. So ist zum Beispiel der Hans-Böckler-Platz nach ihm benannt.
Insgesamt ist der typische Charakter bis heute erhalten geblieben. Die Siedlung ist noch immer eine gemütliche Einheit. Jedoch sind die Originalfassaden der Reihenhäuser in ihrer Ursprungsstruktur nicht mehr ganz erkennbar.
Der Grund: Wir haben die Häuser von Anfang an zur allmählichen Privatisierung freigegeben. Renovierungen wurden von den neuen Eigentümern vorgenommen, die Häuser sind teils individueller als zur Zeit ihrer Entstehung.
Die Vorgärten wichen zudem Autostellplätzen. Doch noch immer dienen Kleingärten als Freizeit- und Erholungsflächen.
Die Recherche der historischen Fotos konnte mit freundlicher Unterstützung der SK Stiftung Kultur umgesetzt werden.
Text: Claudia Cosmo