Tiefgarage der Siedlung Blauer Hof in Buchforst

Wo der Himmel für alle da ist

In dieser Rubrik nehmen wir Sie mit auf Zeitreise und erkunden gemeinsam die GAG-Historie. Diesmal steht der Blaue Hof in Buchforst auf dem Reiseprogramm.

Baujahr

1926–1927

Architekten

Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod

Besonderheit

Erholungsort für Buchforst

Denkmalschutz

Ja

Im Jahr 1927 stellten wir im Kölner Stadtteil Buchforst eine neue Siedlung fertig. Das Herzstück dieser Siedlung war der großzügig angelegte Hof, der immer eine öffentliche Grünanlage für das ganze Stadtviertel war. Wer nach Erholung suchte, musste einfach nur durch das Gittertor gehen, das eigentlich nie verschlossen war. Damals hieß es: Über dem Hof ist der Himmel ganz besonders blau. Und so erhielt die Siedlung den Namen Blauer Hof.

Hinter einem Mäuerchen im Hof gab es aber auch Grünflächen, die nur den Bewohnern vorbehalten waren. Die Frauen legten dort ihre weiße Wäsche zum Bleichen auf den Rasen. Das Bleichen der Wäsche auf den eigens dafür ausgewiesenen Rasenflächen war wichtig, um Verfärbungen aus der Wäsche zu entfernen und Krankheitskeime abzutöten. Die sogenannte Haushaltsbleiche wurde in Deutschland noch bis in die 1970er Jahre durchgeführt und prägte das Bild unserer Siedlungen.

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Die Architekten und ihre Ideen

Die Hofsiedlung wurde nach Plänen der Architekten Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod gebaut. Wie bei einigen unserer anderen Siedlungen, war auch hier das Baumotto „Lich, Luff un Bäumcher“ – also Licht, Luft und Bäume. Der Hof war für das Motto wichtig, denn er sollte den Bewohnern ein Gefühl von luftiger Weite geben.

Wir ermunterten Architekten zwar immer wieder zu Bewerbungen, aber es gab auch stets Hausarchitekten, die mit allen unseren Vorstellungen vertraut waren und regelmäßig beauftragt wurden. Einer der berühmtesten war Wilhelm Riphahn. Riphahn war ein Anhänger der Bauhausbewegung, sein Baustil war daher vom Funktionalismus geprägt. Dafür typisch war zum Beispiel der Bau-Mix aus Loggia und Balkon, der es den Bewohnern des Blauen Hofs ermöglichte, an der frischen Luft zu sein, aber gleichzeitig geschützt zu sitzen.

Wilhelm Riphahn kann heute fast als unser Hausarchitekt bezeichnet werden. Mehr über sein Leben und seine Werke lesen Sie in unserem Artikel „Architektur für die Menschen“.

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Und wer die Siedlung von außen betrachtet, kann sogar erkennen, welche Räume sich hinter den Fenstern verbergen. Die Fenster werden durch Streben geteilt und die so entstehenden Fensterflächen, verraten die Funktion der Räume:  Hinter zwölf Fensterflächen verbergen sich Treppenhäuser, hinter acht Fensterflächen liegen Wohnräume und eine einzige Fensterfläche weist auf ein dahinterliegendes Badezimmer hin.

Ebenfalls charakteristisch für den Blauen Hof ist das Farbkonzept: Es wurde vom Kölner Künstler Heinrich Hoerle entwickelt. Typisch sind die korallenroten Fensterrahmen und die schlichte, mittelgraue Fassade. Zwischen Fenstern und Loggien befinden sich so genannte Fensterbänder, farblich abgesetzte Felder.

Schon gewusst?

Anfang der 1930er Jahre entbrannte der „Dächerkrieg“: Wer ein Flachdach hatte, musste sich als undeutsch beschimpfen lassen. Ein Flachdach signalisierte moderne Internationalität. In Buchforst kam es zwischen den Architekten Wilhelm Riphahn und Otto Müller-Jena beinah zu einem eigenen Dächerkrieg. Jena, der an den Plänen zum Blauen Hof mitwirkte, nutzte eine Abwesenheit Riphahns, um Steildächer in die Planzeichnungen der Zeilenbauten einzuzeichnen. Riphahn stoppte die Ausführung im letzten Moment. Jena schied danach aus der Planung aus, wir betrauten ihn mit einem anderen Bauprojekt.

Die Bewohner des Blauen Hofs

Der Historiker André Dumont untersuchte die Sozialstruktur der damaligen Siedlung für uns. Dabei fiel ihm auf: Die 427 Wohneinheiten wurden damals vor allem von einkommensschwachen Familien bewohnt. Die Wohnungen waren höchstens 50 m² groß. Damals eine übliche Größe – auch für eine komplette Familie. „Viele von ihnen waren aus Mülheim in die Buchforster Siedlung gezogen, weil aufgrund des Baus der Mülheimer Brücke 1928/29 dort viele Wohnhäuser abgerissen wurden“, erklärt Dumont.

Die Siedlung war in erster Linie für Arbeiter und Angestellte ausgelegt, die nicht mobil waren. Die Bewohner des Blauen Hofs arbeiteten im Rechtsrheinischen, viele im Industriegebiet Kalk/Deutz, aber auch für die Post und die Bahn. Es war früher unüblich, auf der jeweils anderen Rheinseite zu arbeiten – Pendler gab es im Grunde nicht. Die enge Beziehung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte war Programm, denn damals war man mit Handkarren und Pferdefuhrwerken unterwegs.

Kölner Adressbücher aus den 1930er Jahren
Foto: Costa Belibasakis

Wie André Dumont bei der Analyse der Sozialstruktur vorgegangen ist, erfahren Sie in unserem Beitrag „Auf Spurensuche in der Vergangenheit“. 

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Was von der Vergangenheit bleibt

Mit einem Bauvolumen von mehr als 23 Million Euro sanierten wir die Hofsiedlung zwischen 2006 und 2010 komplett. Grundrisse wurden verändert und viele der kleineren Wohneinheiten zusammengelegt – heute gibt es Vier-Zimmer-Wohnungen mit einer Wohnfläche von knapp 100 m². Nach wie vor gibt es aber auch kleinere Einheiten. Und unter dem Hof entstand eine Tiefgarage, denn die Zeit der Pferdefuhrwerke ist lang vorbei, und Parkplätze im Stadtteil sind rar.

Zusammen mit der Weißen Stadt in Buchforst ist die Siedlung eine der bedeutendsten Siedlungsanlagen in Deutschland. Sie wurde mit mehreren Architekturpreisen ausgezeichnet.

Die Recherche der historischen Fotos konnte mit freundlicher Unterstützung der SK Stiftung Kultur umgesetzt werden. 

 

Text: Maria Hauser